Kolumne
Bilanz Bundespräsident Maurer: sehr unbefriedigend
von
Casper Selg, Club Helvétique
| Dezember 2019
Noch 2013 wollte er als Bundespräsident gar nicht reisen. Das hat sich gründlich geändert. In seiner zweiten Präsidentschaft reist Ueli Maurer was das Zeug hält. Die Frage ist allerdings immer, wohin die Reise geht. Und das ist das Problem.
Schon am zehnten Tag seiner Amtszeit als Bundespräsident setzte Ueli Maurer einen ersten deutlichen Akzent als er in Wien wissen liess, die Schweiz werde nie in die EU passen. Er verkaufte damit die panische Ablehnung der Europäischen Union seitens der SVP als Schweizer Politik. Es gab kaum Reaktionen. Ebensowenig als er noch im gleichen Monat am WEF den brasilianischen Rassisten und Schwulenhasser Bolsonaro als einen ehrenwerten, gewählten Repräsentanten seines Landes lobte, den zu kritisieren sich nicht gehöre. Auf sein Gespräch mit dem saudischen Finanzminister angesprochen, stellte Maurer in Davos fest, er und sein Kollege hätten den Fall des brutal ermordeten Journalisten Kashoggi „längst abgehakt“... Problem gelöst.
Im April machte Maurer dem Chinesischen Alleinherrscher Xi die Aufwartung, dies, nachdem die Welt erfahren hatte, dass China Uiguren zu hunderttausenden in Konzentrationslagern gefangen hält. Im Mai war der Besuch beim Verfassungsverächter Trump an der Reihe, ein kurzfristiges, atemlos überstürztes Manöver mit den entsprechenden sehr peinlichen Spuren. Im Oktober war der oberste Schweizer dann bei Saudi Kronprinz Salman, verantwortlich für den Kashoggi-Journalistenmord, und im November erhielt schliesslich auch noch der Grossmeister der digitalen Demokratie-Bekämpfung, der Krim-Eroberer Putin die Ehre eines dankbaren Besuches der offiziellen Schweiz. Noch ist das Jahr nicht zu Ende...
Natürlich ist klar, dass ein Finanzminister weltweit um Finanz- und Wirtschaftsfragen bemüht sein muss. Die eben erfolgte saudische Einladung an den G-20-Gipfel mag durchaus eine Folge seiner dortigen Kontakte gewesen sein. Es ist auch unbestritten, dass ein Bundespräsident nicht nur sauberste Hände schütteln kann. Und es ist bekannt, dass Maurer noch andere Damen und Herren getroffen hat als nur die hier erwähnten. Dennoch: Ein Bundespräsident setzt in seiner Rolle als oberster Schweizer Zeichen. Das muss er und das tut er. Maurers sichtbare Zeichen hiessen: „Hallo Autokraten!“, „Wieso Menschenrechte?“ und „nie in die EU!“. Damit vertrat er vielleicht die Werte der SVP, aber nicht die der demokratischen und humanitären Schweiz.
Hier stellt sich allerdings die bange Frage, wer denn sonst diese Werte vertritt? Was hatte etwa der Aussenminister zu Maurers Reiserouten zu sagen? Wie stand der Gesamtbundesrat zu den präsidialen «Akzenten»? Was macht eigentlich die Haltung der Landesregierung gegenüber der EU aus, ausser einem endlosen Zuwarten beim Rahmenvertrag bis vielleicht irgendwo irgendjemand etwas unternimmt?
Lauter Fragen. Fragen am Ende eines weltweit sehr schwierigen, von Anti-Demokraten und Menschenrechtsverletzungen, von Umweltproblemen und Klimaleugnern geprägten Jahres, in welchem bewusste Akzente eines freien, demokratischen und humanitär engagierten Landes nötiger gewesen wären denn je. Weit gefehlt!
Casper Selg ist Mitglied des Club Helvétique und hat den Text in dieser Funktion verfasst.
Schon am zehnten Tag seiner Amtszeit als Bundespräsident setzte Ueli Maurer einen ersten deutlichen Akzent als er in Wien wissen liess, die Schweiz werde nie in die EU passen. Er verkaufte damit die panische Ablehnung der Europäischen Union seitens der SVP als Schweizer Politik. Es gab kaum Reaktionen. Ebensowenig als er noch im gleichen Monat am WEF den brasilianischen Rassisten und Schwulenhasser Bolsonaro als einen ehrenwerten, gewählten Repräsentanten seines Landes lobte, den zu kritisieren sich nicht gehöre. Auf sein Gespräch mit dem saudischen Finanzminister angesprochen, stellte Maurer in Davos fest, er und sein Kollege hätten den Fall des brutal ermordeten Journalisten Kashoggi „längst abgehakt“... Problem gelöst.
Im April machte Maurer dem Chinesischen Alleinherrscher Xi die Aufwartung, dies, nachdem die Welt erfahren hatte, dass China Uiguren zu hunderttausenden in Konzentrationslagern gefangen hält. Im Mai war der Besuch beim Verfassungsverächter Trump an der Reihe, ein kurzfristiges, atemlos überstürztes Manöver mit den entsprechenden sehr peinlichen Spuren. Im Oktober war der oberste Schweizer dann bei Saudi Kronprinz Salman, verantwortlich für den Kashoggi-Journalistenmord, und im November erhielt schliesslich auch noch der Grossmeister der digitalen Demokratie-Bekämpfung, der Krim-Eroberer Putin die Ehre eines dankbaren Besuches der offiziellen Schweiz. Noch ist das Jahr nicht zu Ende...
Natürlich ist klar, dass ein Finanzminister weltweit um Finanz- und Wirtschaftsfragen bemüht sein muss. Die eben erfolgte saudische Einladung an den G-20-Gipfel mag durchaus eine Folge seiner dortigen Kontakte gewesen sein. Es ist auch unbestritten, dass ein Bundespräsident nicht nur sauberste Hände schütteln kann. Und es ist bekannt, dass Maurer noch andere Damen und Herren getroffen hat als nur die hier erwähnten. Dennoch: Ein Bundespräsident setzt in seiner Rolle als oberster Schweizer Zeichen. Das muss er und das tut er. Maurers sichtbare Zeichen hiessen: „Hallo Autokraten!“, „Wieso Menschenrechte?“ und „nie in die EU!“. Damit vertrat er vielleicht die Werte der SVP, aber nicht die der demokratischen und humanitären Schweiz.
Hier stellt sich allerdings die bange Frage, wer denn sonst diese Werte vertritt? Was hatte etwa der Aussenminister zu Maurers Reiserouten zu sagen? Wie stand der Gesamtbundesrat zu den präsidialen «Akzenten»? Was macht eigentlich die Haltung der Landesregierung gegenüber der EU aus, ausser einem endlosen Zuwarten beim Rahmenvertrag bis vielleicht irgendwo irgendjemand etwas unternimmt?
Lauter Fragen. Fragen am Ende eines weltweit sehr schwierigen, von Anti-Demokraten und Menschenrechtsverletzungen, von Umweltproblemen und Klimaleugnern geprägten Jahres, in welchem bewusste Akzente eines freien, demokratischen und humanitär engagierten Landes nötiger gewesen wären denn je. Weit gefehlt!
Casper Selg ist Mitglied des Club Helvétique und hat den Text in dieser Funktion verfasst.
Kolumne
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Zur Vorbereitung der Schweiz auf ihren Sitz im UNO-Sicherheitsrat gehört es, von den Erfahrungen anderer kleinerer gewählter Mitgliedstaaten zu lernen, wie beispielsweise von Schweden, Norwegen oder Irland.
Kolumne
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Kolumne
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