Kolumne
„Soft power“ – wie weich wird die Umsetzung sein?
von
Daniel Brühlmeier
| Oktober 2019
Die «Aussenpolitische Vision Schweiz 2028» zeigt bezüglich «soft power» interessante Ansätze. Die Schwierigkeiten dürften sich bei der Umsetzung ergeben, weil sich innenpolitisch immer mal wieder Blockierer lautstark zu Wort melden.
„Soft power“ ist ein vom amerikanischen Politikwissenschaftler Joseph S. Nye Jr. wegleitend geprägtes Konzept und zielt auf die Fähigkeit, in internationaler Politik nicht mit physischer Macht, sondern mit weichen Faktoren andere Nationen oder Partner zu überzeugen. Es fusst auf drei primären Ressourcen, und im Erfolgsfall ergibt sich folgendes (attraktives) Ergebnis: (anziehende) Kultur, (gelebte) politische Werte, (moralisch legitimierte und anerkannte) Aussenpolitik. In einer digitalisierten Welt konkurrierender Aufmerksamkeit und Informationsflut wird soft power noch wichtiger; dazu kommt, dass Staaten nun nicht nur mit anderen Staaten, sondern mit internationalen Organisationen und NGOs konkurrieren.
Vor allem die USA haben spätestens seit John F. Kennedy bewusst auch auf soft power gesetzt. Der Kalte Krieg mass sich zwar in Panzern, Divisionen und Marschflugkörpern; der Fall des Eisernen Vorhangs und die Implosion der UdSSR waren aber wesentlich ein Triumph der soft power des westlichen Gesellschafts- und Politikmodells. Wie desaströs muss es sich auf diese allseits anerkannte Dimension internationaler Politik auswirken, dass der derzeitige Inhaber des Weissen Hauses sich (auch) in den internationalen Beziehungen mit seinen Machtgebärden, blanker Erpressung und Rüpelhaftigkeit durch höchste Geringschätzung der soft power auszeichnet.
Die Schweiz setzt sich hohe Ziele
Es ist deshalb verdienstvoll, dass der von einer Expertengruppe erarbeitete Bericht „Die Schweiz in der Welt 2028“ (AVIS 28) sich diesem Thema im 4. Abschnitt von Kap. 3 der «Schweizer Soft Power für eine friedlichere und stabile Welt» widmet. Die Bausteine dazu sind die Entwicklungszusammenarbeit, die Friedensförderung insbesondere durch Gute Dienste und der Einsatz für eine regelbasierte, multilaterale internationale Ordnung.
Wie im Bericht richtig gesagt wird, tut die Schweiz dies nicht nur als Zierde, sondern es liegt geradezu in ihrer DNA und ist vor allem für einen ressourcenarmen, wohlhabenden und rechts- wie sicherheitsliebenden Kleinstaat überlebenswichtig. Nur so kann sie sich in der volatilen Welt von morgen Gehör verschaffen und das Umfeld in ihrem Sinne mitgestalten. Die Entwicklungszusammenarbeit wurde in den Beiträgen zu AVIS28 auf dieser Webseite schon verschiedentlich thematisiert. Gehen wir also deshalb etwas näher auf die Friedensförderung und den Beitrag zur multilateralen Weltordnung bei.
Gerne vernimmt man, dass die angestrebte Mitgliedschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat als wichtiges Element angesehen wird, das friedenspolitische Profil der Schweiz zu schärfen, oder die Bedeutung, die neueren Themen wie etwa Wasserdiplomatie oder digitale Menschenrechte, vor allem aber „Genève internationale“ beigemessen wird. Vielversprechend ist auch die Formulierung, das Völkerrecht sei die «Lebensversicherung der Schweiz»; diese ist und bleibt für ihren Wohlstand und ihre Sicherheit fundamental auf eine regelbasierte multilaterale Ordnung angewiesen.
Zu erwartende Schwierigkeiten bei der Umsetzung
Probleme sind nicht in der hehren Zielsetzung zu orten, und auch nicht in der Unverbindlichkeit, die ja auch der Kürze des Genres geschuldet ist. Es ist auch nicht gelegentlicher terminologischer Firlefanz (etwa: sich «offline und online» zu den Menschenrechten bekennen), der, was zuweilen etwas grossspurig als «Neuerung» daherkommt, durchaus bereits Geleistetes und Bewährtes neumodisch einkleidet. Die Klippen zeigen sich in den nächsten neun Jahren wohl am ehesten bei der Realisierung und damit eben auch der «innenpolitischen Verankerung», die sich im Gefolge des Cassisschen Mantras «Aussenpolitik ist Innenpolitik» durch den ganzen Bericht hindurchzieht. Da gibt es doch Kräfte, die in ihrer kruden Switzerland-First-Selbstgenügsamkeit rein gar nichts vom Soft power-Instrument Entwicklungszusammenarbeit wissen wollen und sie populistisch gegen die AHV ausspielen. Was diese im Übrigen von der Mitgliedschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat halten, ist ebenso klar wie unverrückbar.
Zudem: Soft power – so lehrt uns Nye – lebt essentiell von Glaubwürdigkeit, die in heutiger öffentlicher Diplomatie nur möglich ist im Verein mit Selbstkritik und Anerkennung der Zivilgesellschaft als Partner. Wie steht es also nun darum, wenn man im Bericht auf die Migrationsaussenpolitik verweist, über welche die Schweiz federführend an der Erarbeitung des UNO-Migrationspaktes mitgearbeitet hat, bei der zwischenstaatlichen Konferenz zu dessen Unterzeichnung aber durch Abwesenheit glänzt?
Es braucht mithin im Hause selbst vor allem Mut, (Werte)Standfestigkeit und Nichtnachlassen gerade angesichts innenpolitischer Widrigkeiten, damit die Schweiz ihre «Soft power» weiterhin und dauerhaft einbringen und ausspielen kann.
„Soft power“ ist ein vom amerikanischen Politikwissenschaftler Joseph S. Nye Jr. wegleitend geprägtes Konzept und zielt auf die Fähigkeit, in internationaler Politik nicht mit physischer Macht, sondern mit weichen Faktoren andere Nationen oder Partner zu überzeugen. Es fusst auf drei primären Ressourcen, und im Erfolgsfall ergibt sich folgendes (attraktives) Ergebnis: (anziehende) Kultur, (gelebte) politische Werte, (moralisch legitimierte und anerkannte) Aussenpolitik. In einer digitalisierten Welt konkurrierender Aufmerksamkeit und Informationsflut wird soft power noch wichtiger; dazu kommt, dass Staaten nun nicht nur mit anderen Staaten, sondern mit internationalen Organisationen und NGOs konkurrieren.
Vor allem die USA haben spätestens seit John F. Kennedy bewusst auch auf soft power gesetzt. Der Kalte Krieg mass sich zwar in Panzern, Divisionen und Marschflugkörpern; der Fall des Eisernen Vorhangs und die Implosion der UdSSR waren aber wesentlich ein Triumph der soft power des westlichen Gesellschafts- und Politikmodells. Wie desaströs muss es sich auf diese allseits anerkannte Dimension internationaler Politik auswirken, dass der derzeitige Inhaber des Weissen Hauses sich (auch) in den internationalen Beziehungen mit seinen Machtgebärden, blanker Erpressung und Rüpelhaftigkeit durch höchste Geringschätzung der soft power auszeichnet.
Die Schweiz setzt sich hohe Ziele
Es ist deshalb verdienstvoll, dass der von einer Expertengruppe erarbeitete Bericht „Die Schweiz in der Welt 2028“ (AVIS 28) sich diesem Thema im 4. Abschnitt von Kap. 3 der «Schweizer Soft Power für eine friedlichere und stabile Welt» widmet. Die Bausteine dazu sind die Entwicklungszusammenarbeit, die Friedensförderung insbesondere durch Gute Dienste und der Einsatz für eine regelbasierte, multilaterale internationale Ordnung.
Wie im Bericht richtig gesagt wird, tut die Schweiz dies nicht nur als Zierde, sondern es liegt geradezu in ihrer DNA und ist vor allem für einen ressourcenarmen, wohlhabenden und rechts- wie sicherheitsliebenden Kleinstaat überlebenswichtig. Nur so kann sie sich in der volatilen Welt von morgen Gehör verschaffen und das Umfeld in ihrem Sinne mitgestalten. Die Entwicklungszusammenarbeit wurde in den Beiträgen zu AVIS28 auf dieser Webseite schon verschiedentlich thematisiert. Gehen wir also deshalb etwas näher auf die Friedensförderung und den Beitrag zur multilateralen Weltordnung bei.
Gerne vernimmt man, dass die angestrebte Mitgliedschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat als wichtiges Element angesehen wird, das friedenspolitische Profil der Schweiz zu schärfen, oder die Bedeutung, die neueren Themen wie etwa Wasserdiplomatie oder digitale Menschenrechte, vor allem aber „Genève internationale“ beigemessen wird. Vielversprechend ist auch die Formulierung, das Völkerrecht sei die «Lebensversicherung der Schweiz»; diese ist und bleibt für ihren Wohlstand und ihre Sicherheit fundamental auf eine regelbasierte multilaterale Ordnung angewiesen.
Zu erwartende Schwierigkeiten bei der Umsetzung
Probleme sind nicht in der hehren Zielsetzung zu orten, und auch nicht in der Unverbindlichkeit, die ja auch der Kürze des Genres geschuldet ist. Es ist auch nicht gelegentlicher terminologischer Firlefanz (etwa: sich «offline und online» zu den Menschenrechten bekennen), der, was zuweilen etwas grossspurig als «Neuerung» daherkommt, durchaus bereits Geleistetes und Bewährtes neumodisch einkleidet. Die Klippen zeigen sich in den nächsten neun Jahren wohl am ehesten bei der Realisierung und damit eben auch der «innenpolitischen Verankerung», die sich im Gefolge des Cassisschen Mantras «Aussenpolitik ist Innenpolitik» durch den ganzen Bericht hindurchzieht. Da gibt es doch Kräfte, die in ihrer kruden Switzerland-First-Selbstgenügsamkeit rein gar nichts vom Soft power-Instrument Entwicklungszusammenarbeit wissen wollen und sie populistisch gegen die AHV ausspielen. Was diese im Übrigen von der Mitgliedschaft der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat halten, ist ebenso klar wie unverrückbar.
Zudem: Soft power – so lehrt uns Nye – lebt essentiell von Glaubwürdigkeit, die in heutiger öffentlicher Diplomatie nur möglich ist im Verein mit Selbstkritik und Anerkennung der Zivilgesellschaft als Partner. Wie steht es also nun darum, wenn man im Bericht auf die Migrationsaussenpolitik verweist, über welche die Schweiz federführend an der Erarbeitung des UNO-Migrationspaktes mitgearbeitet hat, bei der zwischenstaatlichen Konferenz zu dessen Unterzeichnung aber durch Abwesenheit glänzt?
Es braucht mithin im Hause selbst vor allem Mut, (Werte)Standfestigkeit und Nichtnachlassen gerade angesichts innenpolitischer Widrigkeiten, damit die Schweiz ihre «Soft power» weiterhin und dauerhaft einbringen und ausspielen kann.
Kolumne
Das Rahmenabkommen – Chance für die Demokratie?
von Christoph Wehrli | April 2021
An einer Online-Veranstaltung der SGA hat Thomas Pfisterer ausgeführt, welche Chancen das Institutionelle Abkommen Schweiz – EU (InstA) für die europapolitische Mitwirkung des Parlaments und für die Demokratie überhaupt bieten würde. «Mitte»-Präsident Gerhard Pfister stimmte ihm in vielem zu, ohne deswegen seine Skepsis gegenüber dem Abkommen aufzugeben.
Kolumne
Nachhaltigkeitspolitik der Schweiz genügt nicht
von Martin Fässler* | März 2021
Ökologische Fragen sind in den «Global Risk Reports» des WEF nach ganz oben gerutscht. Der Klimawan-del ist tägliches Thema geworden. Er stellt die Leitideen der Moderne wie Wirtschaftswachstum und Be-herrschung der Natur auf den Prüfstand. Die Covid-19 Pandemie lässt die internationale Verantwortung für Problemlösungen noch schärfer hervortreten.
Kolumne
Die falsch verstandene Souveränität
von Jean-Daniel Gerber | März 2021
Es ist ein Irrtum zu glauben, die Souveränität der Schweiz bleibe ohne Rahmenabkommen mit der EU besser bewahrt. Souverän ist nicht, wer sich nicht bindet, sondern wer seine bestehenden Abhängigkeiten erkennt und durch vertraglich geregelte Zusammenarbeit lenkt.