Wochenrückblick

Die Schweiz im Sicherheitsrat – KW 11/2023

von Johann Aeschlimann | März 2023
Myanmar: Die UNO-Sondergesandte hat hinter geschlossenen Türen den Sicherheitsrat und in offener Sitzung die UNO-Generalversammlung über die humanitäre Lage, vor allem der Rohingya, und die Bemühungen der ASEAN unterrichtet. Ein Fünf-Punkte-Plan der ASEAN sieht die Einstellung aller Gewalt und einen «konstruktiven Dialog» zwischen allen Lagern in dem seit zwei Jahren wieder von einer Militärdiktatur regierten Land vor (siehe Hintergrundbericht "Grosses Leid, wenig beachtet").

Nordkorea: Auf Antrag der USA und Albaniens hat der Rat in informellem Rahmen die Menschenrechtslage in Nordkorea (DPRK – Democratic People’s Republik of Korea). Debattiert. China widersetzte sich gegen die Ausstrahlung der Sitzung durch das UNO-Fernsehen. Die Schweiz – Vorsitz des Sanktionsausschusses -  beklagte « schwere und systematische Menschenrechtsverletzungen »,und eine «totale Abwesenheit des Rechtsstaats». Sie fordert den Rat zu einer « globalen » Beurteilung der Lage auf – will heissen: neben der nuklearen Bedrohung soll auch die Menschenrechtslage berücksichtigt werden. Sie verlangt eine offene Debatte zum Thema.

Ukraine – das Getreidedossier: Einen Tag vor dem Ablauf des Abkommens zum Getreide- und Düngerexport aus dem ukrainischen Kriegsgebiet über das Schwarze Meer (Black Sea Grain Initiative) und ein paralleles memorandum of understanding zwischen Russland und der UNO hat der Rat die Bedeutung dieses Handels für die globale Ernährungslage bekräftigt. Russland erklärte sich zu einer Verlängerung um zwei Monate bereit und fordert für die Zeit danach, dass der gesamte Landwirtschaftssektor von den gegen Moskau ergriffenen Sanktionen ausgenommen werde. Frankreich und andere forderten die Beendigung russischer Angriffe auf landwirtschaftliche Einrichtungen und die ukrainischen Häfen. Die Schweiz sagte als Gaststaat ihre Unterstützung von Verhandlungen in Genf (Sitz der involvierten UNCTAD) zu.

Ukraine - “Russophobie”: Russland hatte eine Sitzung gefordert, um auf «Russenhass» («Russophobie») im Osten der Ukraine aufmerksam zu machen. Zwei eingeladene Redner illustrierten den Punkt, ein amerikanischer Geschichtsprofessor denunzierte ihn als  billige Rechtfertigung eines Angriffskriegs. Die Diskriminierung der russischsprachige Minderheit in der Ukraine– Sprachverbote und dergleichen – ist nicht zu bestreiten. Ebenso wenig, dass sie den russischen Angriffskrieg in keiner Weise legitimiert. Diese simple Einsicht sprach nur Japan aus. Die USA und die Europäer verwiesen auf menschenverachtende russische Kriegspropaganda gegen Ukraine («Schaben», «Schweine»), die Illegalität des Angriffskriegs und den Willen zum Widerstand. Die Schweiz – normalerweise ein Champion von Minderheitsrechten -äusserte sich kryptisch («die Wahrheit ist das erste Opfer des Krieges») und wiederholte ihre Forderungen nach sofortiger Einstellung der Kampfhandlungen und Einhaltung des Völkerrechts.

Afghanistan: Der Rat hat das Mandat der UNO-Mission (UNAMA) um ein Jahr verlängert und den Generalsekretär beauftragt, bis November eine «unabhängige integrierte Beurteilung» der Lage seit der Machtergreifung der Taliban vorzulegen. Dazu sollen alle politischen Akteure, eingeschlossen die Taliban und die systematisch diskriminierten Frauen «konsultiert» werden. Die Schweiz erklärte, die Arbeit der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan habe «erst begonnen» und müsse «intensiviert» werden.

Jemen: Der UNO-Sondergesandte sieht in der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien ein günstiges Zeichen für eine Weiterführung des abgelaufenen, aber fortdauernden Waffenstillstands. Diplomatische Bemühungen laufen auf hohen Touren. Die Schweiz unterstrich die Bedeutung einer zusammen mit Schweden einberufenen Geberkonferenz von Ende Februar in Genf und forderte, 2023 müsse «zum Jahr des Wandels» werden.

Südsudan: Der Rat hat das Mandat der UNO-Mission UNMISS (17000 Militär- und 2101 Polizeipersonal) mit 13 gegen 0 Stimmen verlängert. Russland und China enthielten sich. Sie begründeten dies mit zu viel Eigenmächtigkeit der Blauhelme und zu wenig Rücksichtnahme auf lokale Wünsche in Bereichen wie den öffentlichen Finanzen oder der Organisation von Wahlen.

Libyen: In einer Präsidialerklärung begrüsst der Rat Fortschritte auf dem Weg zu einer Verfassung und zu Wahlen in Libyen. Präsidialerklärungen (presidential statements) sind formelle, ausgehandelte Texte ohne bindende Wirkung. Das Veto kann gegen sie nicht eingelegt werden.

SSR: Wenn sie friedlich und gemäss demokratischen Regeln umverteilt werden soll, muss das Militär lernen, dass die Macht nicht aus den Gewehrläufen kommt. Putsch geht nicht. . Im UNO-Fachjargon heisst das Security Sector Reform (SSR) – “Reform des Sicherheitssektors» und ist Gegenstand einer Resolution, über deren Umsetzung periodisch geredet wird. In der Debatte schilderten der zuständige UNO-Beamte und ein Vertreter der Afrikanischen Union bestehende «Aktionsprogramme»,  «Rahmenwerke» und «strategische Partnerschaften», beklagten indessen zögerlichen Willen (challenges of reform) und mangelnden Einbezug der Akteure (lack of inclusive national ownership) dort, wo es zählt: Auf der Ebene des zuständigen Einzelstaats. Die Schweiz wies auf den Beitrag des Genfer Zentrum für die Gouvernanz des Sicherheitssektors(DCAF) hin.

Klima: Vor der Presse haben die Vereinigten Arabischen Emirate, Mosambik, Malta und die Schweiz ein «Bekenntnis» abgelegt, den Zusammenhang zwischen Klima, Frieden und Sicherheit im Sicherheitsrat «priorisieren» zu wollen.

 

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