Editorial
EU-Sicherheitspolitik auch für die Schweiz
von SGA-Präsidentin Gret Haller
| Februar 2015
Der Kontrast befremdet. In Minsk wurde um die Sicherheit Europas gerungen. In der Schweiz wetteifert man um Abschottung von der Sicherheitsgemeinschaft Europas.
Es war eine ausserordentliche Situation. Angesichts des Vormarsches der ostukrainischen Rebellen konnte die militärische Unterstützung Russlands nicht mehr geleugnet werden. Erwartungsgemäss wurde jenseits des Atlantiks der Ruf nach US-Waffenlieferungen an die Ukraine immer lauter. Der Druck kommt aus beiden Parteien, auch prominente Demokraten wie die mögliche Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton stehen dahinter. Damit folgen die USA ihrer üblichen Strategie der Militarisierung von Konflikten. Europa hingegen setzt im Konfliktmanagement auf Diplomatie und Wirtschaftssanktionen.
Europa musste handeln
Als es nicht mehr sicher war, ob Präsident Obama dem Druck in seinem Land noch standhalten könne oder wolle, mussten die Exponenten der Europäischen Union handeln. 17 Stunden haben die Gespräche gedauert, welche der französische Präsident und die deutsche Kanzlerin gemeinsam eine lange Nacht hindurch mit dem russischen und dem ukrainischen Präsidenten führten. Auch die Aussenminister waren anwesend sowie die Kontaktgruppe unter der Leitung der Schweizer Botschafterin Heidi Tagliavini. Mit dieser Verhandlung hat erstmals die EU die Führung in einem geopolitisch bedeutsamen Konflikt übernommen und damit die USA abgelöst. Es ist zu hoffen, dass dies so bleibt.
Sollte die in Minsk getroffene Vereinbarung ("Minsk II") scheitern, gibt es keine andere Möglichkeit als Weiterverhandeln. Die Verschärfung der wirtschaftlichen Sanktionen durch die EU könnte für Präsident Putin zu einer Überlebensfrage werden. US-Waffenlieferungen an die Ukraine hingegen wären für Russland der willkommene Anlass, der wirtschaftlichen Strategie auszuweichen und seine Stärke auf dem einzigen Gebiet auszuspielen, auf dem es noch Weltmacht ist, nämlich auf dem militärischen. Die Exponenten der EU setzen alles daran, dies zu verhindern. Im nächtlichen Verhandlungsmarathon ging es nämlich um nichts weniger als um die Verhinderung eines äusserst gefährlichen Stellvertreter-Krieges zwischen den Protagonisten des Kalten Krieges, und dies notabene auf europäischem Boden. Die deutsche Kanzlerin und der französische Präsident verteidigten somit auch die Sicherheit dieses Kontinents.
Schweizerischer Kontrast
Wer den Verhandlungsmarathon und seine Resultate verfolgte, und sich danach der schweizerischen Medienlandschaft zuwandte, erlebte einen kleineren Schock. Dass sich die hiesigen Medien vor allem mit der Beurteilung des bundesrätlichen Gesetzesentwurfes zur Umsetzung der Zuwanderungs-Initiative befassten, ist nicht zu bemängeln. Es entspricht der politischen Realität. Aber das Spannungsfeld zwischen den beiden Realitäten war für politisch verantwortungsbewusste Zeitgenossinnen und Zeitgenossen kaum zu ertragen. Da bemühten sich also die Exponenten unserer beiden grössten Nachbarländer im Namen der Europäischen Union lange Stunden um die Sicherheit Europas und damit ganz direkt auch um die Sicherheit der Schweiz. Und dieses Land hat nichts Besseres zu tun als herauszufinden, wie es sich von der europäischen Schicksalsgemeinschaft abschotten kann, welche die EU nun einmal darstellt.
Die Fragestellungen, in welchen die Gegner einer offenen Schweiz unser Land gefangen halten, ist nicht nur für politisch verantwortungsbewusste Schweizerinnen und Schweizer eine Zumutung, sondern auch für die Europäische Union. Angesichts von schwerwiegenden politischen Herausforderungen, wie man sie in Minsk hat verfolgen können und wie sie für Europa weiterbestehen, könnte man auch grundsätzlicher fragen: Wie kann sich unser Land aus der Geiselhaft der Gegner einer offenen Schweiz befreien?
Es war eine ausserordentliche Situation. Angesichts des Vormarsches der ostukrainischen Rebellen konnte die militärische Unterstützung Russlands nicht mehr geleugnet werden. Erwartungsgemäss wurde jenseits des Atlantiks der Ruf nach US-Waffenlieferungen an die Ukraine immer lauter. Der Druck kommt aus beiden Parteien, auch prominente Demokraten wie die mögliche Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton stehen dahinter. Damit folgen die USA ihrer üblichen Strategie der Militarisierung von Konflikten. Europa hingegen setzt im Konfliktmanagement auf Diplomatie und Wirtschaftssanktionen.
Europa musste handeln
Als es nicht mehr sicher war, ob Präsident Obama dem Druck in seinem Land noch standhalten könne oder wolle, mussten die Exponenten der Europäischen Union handeln. 17 Stunden haben die Gespräche gedauert, welche der französische Präsident und die deutsche Kanzlerin gemeinsam eine lange Nacht hindurch mit dem russischen und dem ukrainischen Präsidenten führten. Auch die Aussenminister waren anwesend sowie die Kontaktgruppe unter der Leitung der Schweizer Botschafterin Heidi Tagliavini. Mit dieser Verhandlung hat erstmals die EU die Führung in einem geopolitisch bedeutsamen Konflikt übernommen und damit die USA abgelöst. Es ist zu hoffen, dass dies so bleibt.
Sollte die in Minsk getroffene Vereinbarung ("Minsk II") scheitern, gibt es keine andere Möglichkeit als Weiterverhandeln. Die Verschärfung der wirtschaftlichen Sanktionen durch die EU könnte für Präsident Putin zu einer Überlebensfrage werden. US-Waffenlieferungen an die Ukraine hingegen wären für Russland der willkommene Anlass, der wirtschaftlichen Strategie auszuweichen und seine Stärke auf dem einzigen Gebiet auszuspielen, auf dem es noch Weltmacht ist, nämlich auf dem militärischen. Die Exponenten der EU setzen alles daran, dies zu verhindern. Im nächtlichen Verhandlungsmarathon ging es nämlich um nichts weniger als um die Verhinderung eines äusserst gefährlichen Stellvertreter-Krieges zwischen den Protagonisten des Kalten Krieges, und dies notabene auf europäischem Boden. Die deutsche Kanzlerin und der französische Präsident verteidigten somit auch die Sicherheit dieses Kontinents.
Schweizerischer Kontrast
Wer den Verhandlungsmarathon und seine Resultate verfolgte, und sich danach der schweizerischen Medienlandschaft zuwandte, erlebte einen kleineren Schock. Dass sich die hiesigen Medien vor allem mit der Beurteilung des bundesrätlichen Gesetzesentwurfes zur Umsetzung der Zuwanderungs-Initiative befassten, ist nicht zu bemängeln. Es entspricht der politischen Realität. Aber das Spannungsfeld zwischen den beiden Realitäten war für politisch verantwortungsbewusste Zeitgenossinnen und Zeitgenossen kaum zu ertragen. Da bemühten sich also die Exponenten unserer beiden grössten Nachbarländer im Namen der Europäischen Union lange Stunden um die Sicherheit Europas und damit ganz direkt auch um die Sicherheit der Schweiz. Und dieses Land hat nichts Besseres zu tun als herauszufinden, wie es sich von der europäischen Schicksalsgemeinschaft abschotten kann, welche die EU nun einmal darstellt.
Die Fragestellungen, in welchen die Gegner einer offenen Schweiz unser Land gefangen halten, ist nicht nur für politisch verantwortungsbewusste Schweizerinnen und Schweizer eine Zumutung, sondern auch für die Europäische Union. Angesichts von schwerwiegenden politischen Herausforderungen, wie man sie in Minsk hat verfolgen können und wie sie für Europa weiterbestehen, könnte man auch grundsätzlicher fragen: Wie kann sich unser Land aus der Geiselhaft der Gegner einer offenen Schweiz befreien?
Kolumne
Der EWR ist von gestern, nicht für morgen
von alt Nationalrat Hans-Jürg Fehr | April 2023
Vor dreissig Jahren wäre der Beitritt der Schweiz zum Europäische Wirtschaftsraum EWR eine gute Lösung gewesen. Das Stimmvolk wollte nicht. In jüngster Zeit wird er von gewissen politischen Kreisen wieder propagiert. Aber heute wäre er eine schlechte Lösung.
Kolumne
Schulterschluss zwischen Bund und Kantonen in der Europapolitik
von Thomas Moser* | April 2023
Der bilaterale Weg zwischen der Schweiz und der EU ist ein Spiel, das von den Verteidigungsreihen dominiert wird. Seit 2007 werden keine wichtigen Verträge mehr abgeschlossen. Die Verhandlungen enden torlos. Als der Bundesrat am 29. März 2023 in Aussicht stellte, die Sondierungsgespräche mit der EU abzuschliessen und bis Ende Juni ein Verhandlungsmandat zu erarbeiten, verwies er auf die Kantone. Der Dialog mit ihnen habe es ermöglicht, für die Staatsbeihilfen und Zuwanderungsfragen konkrete Lösungsansätze zu definieren.