Wochenrückblick

Schweiz im Sicherheitsrat / KW 6-2024

von Johann Aeschlimann | Februar 2024
USA-Iran: Der Rat hat sich mehrfach mit den Auswirkungen des Gaza-Kriegs auf die Region befasst. Auf russischen Antrag fand eine Sitzung zu den amerikanischen Vergeltungsschlägen gegen Stellungen der von Iran unterstützten Milizen in Syrien und im Irak statt. Dazu erklärte die UNO-Vertreterin, in den beiden Ländern seit dem Hamas-Angriff auf israelische Zivilisten vom 7. Oktober 2023  seien 165 Mal Anlagen der US-Streitkräfte angegriffen worden, und seit dem Tod von drei US-Soldaten hätten die USA 85 Luftangriffe durchgeführt. Sie verwies auf den Zusammenhang zum Gaza-Krieg und erwähnte dabei auch die Feuerwechsel zwischen Israel und der von Iran gesponsorten Hisbollah an der libanesischen Grenze, sowie die von den USA und Grossbritannien erwiderten Angriffe der jemenitischen Houthi-Milizen auf die Schifffahrt im Roten Meer. Das amerikanische Militär ist als Teil einer global coalition in Syrien und Irak, um den “Islamischen Staat” (Da’esh) zu bekämpfen. In der Debatte begründeten die USA, unterstüttzt von Grossbritannien, ihr Vorgehen mit dem “Recht auf Selbstverteidigung”. Sie erklärten, weder eine Ausweitung des Gaza-Kriegs auf die Region noch “direkten Konflikt” mit Iran zu beabsichtigen. China erklärte dazu, das wirkliche Geschehen zeige das Gegenteil. Russland, Syrien, Iran und auch Irak  verurteilten die amerikanischen Aktionen als Angriffe auf die Souveränität. Der irakische Vertreter erklärte, sein Land werde benutzt, um “Rechnungen zu begleichen”. Die Schweiz forderte alle Seiten zu einem “Maximum an Zurückhaltung” und zur Einhaltung des Völkerrechts auf. Die jüngsten Entwicklungen seien “ein wirkkliches Friedensrisiko” für die gesamte Region.

Irak: Ein UNO-Bericht über die Hinterlassenschaft des zweiten Golfkriegs (verschollene Bürger, verschwundener Besitz aus Kuwait) gab den Anlass für eine Aussprache über die Lage im Irak, wo die UNO-Mission UNAMI (UN Assistance Mission for Iraq)  “Wiederaufbau und Versöhnung” unterstïtzen soll. Die UNAMI-Chefin warnte, die zunehmenden militärischen Angriffe von in- und ausserhalb des Landes gefährdeten jüngst erreichte Erfolge (Lokalwahlen, wirtschaftliche Reformen):“Mit Militärschlägen Signale auszusenden dient nur dazu, die Spannungen zu verschärfen”. Die Schweiz unterstützte UNAMI und signalisierte Bereitschaft, die Mission weiterzuführen.

Kolumbien: Der Rat hat sich in der zweiten Wochenhälfte zu einem Augenschein in Kolumbien begeben – einem der wenigen Länder, in welchem sich nach Jahrzehnten bewaffneter Kämpfe ein Friedensprozess zu konsolidieren scheint. Die Schweizer Botschafterin wurde neben dem “federführenden” Grossbritannien und der Ratspräsidentschaft Guyana an der Reiseleitung beteiligt. Dies wird als Anerkennung des langjährigen Schweizer Engagements im Land verstanden.

Kosovo: Auf Antrag Serbiens hat sich der Rat mit der Verschlechterung des Verhältnisses zwischen der albanischen Mehrheit und der serbischen Minderheit befasst. Im vergangenen September gab es Tote bei einem Zusammenstoss im serbisch bevölkerten Nord-Kosovo, und seit Anfang Monat wird der serbische Dinar nicht mehr als Zahlungsmittel anerkannt. Die Chefin der UNO-Verwaltungsmission UNMIK (UN Interim Administration Mission in Kosovo) sprach von «ernsthaften Rückschritten» und kritisierte, dass die Massnahme im Zahlungsverkehr nicht im «politischen Dialogprozess» vorbereitet worden ist. Serbien und Kosovo tauschten Anklagen aus. Der serbische Präsident warf Pristina Menschenrechtsverletzungen vor, der kosovarische Vertreter verteidigte den Schritt seiner  Zentralbank mit dem Kampf gegen Schmuggel und das organisierte Verbrechen. Die Schweiz forderte von beiden Seiten mehr Kompromissbereitschaft und bot weitere Unterstützung an: ..prête à continuer à contribuer au processus de normalisation.

Ukraine: Auf russischen Antrag hat der Rat sich mit dem Luftangriff auf eine Bäckerei in der russisch besetzten Region Luhansk befasst, dem 28 Zivilpersonen zum Opfer fielen. Die meisten Ratsmitglieder sagten dazu, ein derartiger Angriff wäre nie geschehen, wenn Russland die Ukraine nicht angegriffen hätte. Die UNO-Vertreterin berichtete von einer "bedeutenden Zunahme der Gewalt” in den ukrainisch kontrollierten Gebieten. Dort seien über 500 Anlagen von Russland beschossen worden, meist in der Gegend von Saporischia. Die Schweiz beklagte “den Verlust jedes einzelnen Lebens,  rief Russland zum sofortigen Abzug seiner Truppen auf  und protestierte (condamnons fortement) gegen den Beschuss eines schweizerischen HEKS-Hilfskonvois, bei dem unlängst zwei französische Staatsangehörige ums Leben kamen.

Myanmar: Zum dritten Jahrestag des Militärputsches befasste der Rat sich hinter geschlossenen Türen mit der Lage in Myanmar. Vor dem Ratssaal  verlas die britische Botschafterin eine Erklärung von 9 Ratsmitgliedern, unter ihnen die Schweiz. Darin wird das Ende der gewaltsamen Repression und die Freilassung der politischen Gefangenen verlangt und die Hoffnung ausgedrückt, dass der seit Monaten verwaiste Posten eines UNO-Sondergesandten für Myanmar besetzt werde.

Schweizer Erklärungen:
Wochenrückblick

Schweiz im Sicherheitsrat KW 16/2024

von jaeschlimann | April 2024
Themen der Woche: Palästina, Israel-Gaza-Iran, UNRWA, Jemen, Ukraine, Libyen, Westsahara, Sudan, OSZE, Jugend